So vergeben Sie die richtigen Noten im Zeugnis!

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Robert Lassen
8. September 2020

Zunächst die schlechte Nachricht: Es gibt keine allgemeingültige oder auch nur allgemein anerkannte Methode zur Vergabe der Noten in einem Arbeitszeugnis. Es gibt einige Gerichtsurteile auf die sich Zeugnisaussteller berufen. Allerdings sind sich auch die Gerichte nicht einig. Das wohl größere Problem sind in der Praxis aber die unterschiedlichen Maßstäbe eines jeden Einzelnen. Die eine Führungskraft beurteilt streng und vergibt die Note 1 nur in absoluten Ausnahmefällen, die andere Führungskraft tut sich mit guten Noten sehr viel einfacher.

Einordnen durch Vergleiche

Es gibt mehrere Referenzen, anhand derer ein Benchmark abgeleitet und erstellt werden kann. Sinnvoll ist es daraus einen Durchschnitt zu definieren, von dem aus eine Beurteilung nach oben oder unten vorgenommen werden kann.

Gerichtsurteile

Es gibt mehrere Gerichtsurteile von Landesarbeitsgerichten und dem Bundesarbeitsgericht. Das BAG beruft sich auf die Mathematik und legte die Note 3 als durchschnittlich fest. Das LAG Berlin entschied praxisnäher und legte die Note 2 als Durchschnitt fest.

Da das BAG über den LAGs steht, ist im Zweifelsfall diese Auslegung maßgebend. Allerdings weniger bei der tatsächlichen Notenvergabe, sondern viel eher bei außergerichtlichen Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. So wurde durch das BAG-Urteil klargestellt, dass der Arbeitnehmer nur Anspruch auf ein durchschnittliches Zeugnis (Note 3) hat und er beweisen muss, dass er besser als der Durchschnitt ist. Andersherum muss der Arbeitgeber bei der Note 4 oder schlechter beweisen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich schlechter als der Durchschnitt ist.

Gallup

Das Beratungsunternehmen Gallup erhebt jedes Jahr den Gallup Engagement Index. Es wird untersucht, wie hoch der Grad der emotionalen Bindung von Mitarbeitern an ihre Arbeit ist und damit ihr Engagement und die Motivation bei der Arbeit. Das Ergebnis der Studie ist jedes Jahr sehr ähnlich. 15% der Mitarbeiter haben eine hohe Bindung, 70% eine geringe Bindung und wieder 15% keine Bindung.

Nun ist es nicht so, dass alle Mitarbeiter mit einer hohen Bindung und damit einem großen Engagement und hoher Motivation automatisch Leistungsträger sind und ein Zeugnis mit der Note 1 bekommen müssen. Vielmehr unterstreicht die Studie die Verteilung zwischen High-, Mid- und Low-Performern. Denn Motivation ist eine der wichtigsten, wenn nicht die wichtigste Grundvoraussetzung für Leistung. Ein motivierter Mitarbeiter bildet sich quasi automatisch fort und hat deshalb ein hervorragendes Fachwissen - oder arbeitet ständig an sich selbst, um Arbeitsweise und -erfolg zu verbessern.

Auf den Punkt gebracht

Note 1 "Sehr gut" vergeben Sie an überdurchschnittliche Mitarbeiter, die sie im weiteren Sinne zu den Leistungsträgern zählen. Je nach Unternehmen, Branche Tätigkeitsfeld sind das ca. 15% der Arbeitnehmer.

Note 2 "Gut" vergeben Sie an durchschnittliche gute Mitarbeiter, die ihre Aufgaben pflichtbewusst erledigen. Je nach Unternehmen, Brache und Tätigkeitsfeld sind das 70% der Arbeitnehmer, also die Mehrheit.

Note 3 "Befriedigend" vergeben Sie an sog. Low Performer, die sich vielleicht nichts zu Schulden kommen haben lassen, aber eine deutlich unterdurchschnittliche Arbeitsleitung erbringen. Je nach Unternehmen, Brache und Tätigkeitsfeld sind das 15% der Arbeitnehmer

Note 4 "Ausreichend" vergeben Sie an Low Performer, die zusätzlich grobe Pflichtverletzungen begangen haben. Da sich ein Fehlverhalten in der Regel nicht auf alle Kriterien auswirkt, werden nur einzelne Beurteilungskriterien mit dieser Note belegt und nicht die zusammenfassende Leistungsbeurteilung.

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